Die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien hat begonnen. Mit den Bildern im Fernsehen werden Erinnerungen wach, die schon viele Jahre zurückliegen. Ist es wirklich schon mehr als 18 Jahre her, dass ich in diesem wunderschönen Land gewesen bin? Die Erlebnisse, die ich mit dem einwöchigen Layover in Salvador de Bahia verbinde, sind noch unglaublich präsent. Aber ich habe diesen Stop auch immer als einen der schönsten und eindrucksvollsten während meiner Condor-Zeit betrachtet. Außerdem war dies der einzige „Umlauf“, bei dem mich meine Mutter begleitet hat. Was etwas ganz Besonderes gewesen ist, denn sie scheut lange Flüge, seit ich denken kann. Die gemeinsam erlebten Momente in Brasilien verbinden uns heute immer noch auf eine für uns außergewöhnliche Weise. Aber genug der Sentimentalitäten. Es geht schließlich um eines der landschaftlich und geografisch faszinierendsten Länder dieser Erde.

Das Ziel Salvador de Bahia wurde damals einmal wöchentlich angeflogen. Was für uns als Crew bedeute, dort eine Woche Aufenthalt zu haben. Relativ schnell war klar, dass wir nicht sieben Tage am Hotelpool liegen wollten. Also organisierten wir uns spontan über eine Reisestelle in Salvador Tickets für Rio de Janeiro und Iguazú. Die gesamte Kabinenbesatzung und der Copilot schlossen sich unseren Plänen an – zumindest was Rio anging. Ganz einfach war das nicht, das Büro war schwer zu finden und die Kommunikation mit der Lufthansa-Reisestelle in Frankfurt problematisch. Mitte der 90er Jahre war E-Mail-Verkehr noch nicht Gang und Gäbe, ganz zu schweigen von mobilem Internet. Doch irgendwann hielten wir unsere Voucher in den Händen und flogen Stand-by nach Rio.
Nach circa zwei Stunden Flugzeit erreichen wir die Millionenmetropole. Wer zum ersten Mal in einer so großen Stadt ist, kennt sicher das Gefühl, mit dem Taxi durch die Straßen zu fahren und nicht zu wissen, wo man zuerst hinschauen soll. Am liebsten hätte man überall Augen, um ja nichts zu verpassen. Natürlich wollen wir alle zum Zuckerhut. Mit der Seilbahn geht es hoch auf die erste Station, die auch über einen Helikopter-Landeplatz verfügt. Von hier starten Rundflüge über die City. Völlig überrascht von der Spontanität meiner sonst doch eher vorsichtigen Mutter, buchen wir dieses touristische Vergnügen. Und es ist mehr als das. Dieser Flug über Rio ist für mich eines der nachhaltigsten Erlebnisse meines Lebens!
Unzählige Flugstunden in den verschiedensten Jets und Kleinflugzeugen konnte ich zu diesem Zeitpunkt ja schon verbuchen. Aber in einem Heli hatte ich bis dato noch nicht Platz genommen. Und irgendwie haben auch mir die Dinger immer ein bisschen Angst gemacht. Doch in diesem Moment wird gar nicht nachgedacht – zu groß ist die Vorfreude auf ein kleines Abenteuer. Kaum sitzen wir, geht es auch schon mit Getöse nach oben. Das Gefühl, das mich ergreift, als wir die riesige Christus-Statue auf dem Corcovado umkreisen, ist unbeschreiblich. Wir sind so dicht dran, die Menschen auf der Aussichtsplattform klitzeklein und diese monumentale Figur scheint ihre Arme über die gesamte Stadt mit ihren Buchten und Bergen auszustrecken, als wolle sie Rio umarmen und beschützen. Ich kann mir die Empfindungen und die Perspektive, aus der ich das erlebt habe, heute noch gedanklich abrufen. Es war wie in einem Traum, aus dem man glaubt, gleich aufzuwachen und dann traurig ist, weil er so schön war. Aber hier musste ich nicht aufwachen. Hier war alles echt. Von diesen Momenten gibt es nicht viele im Leben – deshalb halten wir sie wohl auch fest.

Wieder festen Boden unter den Füßen, sputen wir uns Richtung nächste Seilbahn hinauf auf den Zuckerhut. Die Dämmerung hat bereits eingesetzt und wir möchten doch unbedingt die Sonne hinter den Bergen untergehen sehen. Leider hat sich bei mir in den letzten Tagen eine dicke Erkältung eingenistet, sodass ich mich zunehmend schlapper fühle. Bei 27° fange ich an zu frieren – da hilft auch der köstliche Caipirinha nicht wirklich. Dennoch genieße ich zusammen mit den anderen das Naturschauspiel des Sonnenuntergangs.