DUBAI – Luxus auf Sand gebaut
Ich lege den Hebel der Flugzeugtür um und drücke das schwere Monstrum mit dem Gewicht meines gesamten Körpers nach außen. Mit dem Blick auf das Vorfeld nehme ich den angeflogenen Ort mit allen Sinnen wahr. Das passiert heute leider nur noch in meinen immer wiederkehrenden Träumen vom nicht mehr realen Leben als Stewardess.
Als ich Anfang Dezember in Dubai nach unserem Nachtflug auf die Gangway trete und zunächst von der Helligkeit des gerade beginnenden Tages geblendet werde, meine ich, sofort den fremdartigen Duft nach Weihrauch und orientalischen Gewürzen wahrzunehmen. Unwillkürlich treten Erinnerungen in mein Gedächtnis und ich überlege, wie oft ich hier schon gelandet bin.
Das erste Mal 1991. Da war Dubai als Reiseziel noch relativ unbekannt und die Stadt glich eher den Bildern, die man aus dem Fernsehen vom Nahen Osten kannte: Unspektakuläre Bauweise, an jeder Ecke eine Moschee und überall Männer in weißen Kaftanen sowie Frauen verschleiert in ihrer Burka. Von westlichen Einflüssen und der Entwicklung zur Luxusstadt mit zunehmendem Größenwahn war damals noch nicht all zuviel zu spüren.
Im Laufe der Jahre hat sich das Emirat um 180 Grad gewandelt. Aus der ehemaligen arabischen Handels- und Hafenstadt entstand eine Metropole, die insbesondere in ihrem Ausmaß an Geldverschwendung kaum zu überbieten ist. In allem möchte der amtierende Herrscher, Scheich Muhammad bin Raschid Al Maktum, wie bereits sein in 2006 verunglückter Vorgänger und Bruder, an der Spitze der Welt stehen. Jeder kennt wohl die künstlich angelegte Inselwelt The Palm. Aber wer weiß schon, dass selbst mit der Fahrzeugflotte der Polizei nicht gekleckert, sondern geklotzt wird? Statt mit VW Passat werden hier Verkehrssünder und Verbrecher mit Porsche 911ern und anderen hochkarätigen Sportwagen gejagt…Luxuswagen sind im Straßenbild völlig normal, Oldtimer wie diesen sieht man dagegen eher seltener.
Kreuzfahrtschiffe legen mittlerweile regelmäßig im Port Rashid an. Obwohl ich kein Freund von Pauschal- und Massentourismus bin, haben wir – angeregt durch einen Reisebericht – eine AIDA-Tour gebucht, die uns von Dubai in den Oman, nach Abu Dhabi und in den Bahrein führen soll.
Bevor unser schwimmendes Hotel am Samstag ablegt, haben wir noch einen Tag „Landgang“. Unsere Balkonkabine können wir direkt nach dem Einchecken beziehen, unsere Koffer werden erst später geliefert. Weil aber unser Gepäck nicht im selben Bus wie wir mitgefahren ist, gestaltet sich das Herausnehmen von ein paar Sommerteilen für unseren geplanten Ausflug in die Stadt etwas schwierig. Denn sind die Koffer erst einmal im Terminal, kommt man eigentlich nicht mehr an sie ran. Aber auch bei arabischen Männern hilft manchmal weiblicher Charme.
Ein schnelles Frühstück, kurz unter die Dusche und auf geht’s. Sightseeing ist ja erst richtig touristisch, wenn man dafür die Dienste eines Hop-on-Hop-off-Busses nutzt. Wir kaufen uns völlig überteuerte Kombitickets, damit wir auch in Abu Dhabi nicht im Taxi sitzen müssen. Denn immerhin haben die Busse den Vorteil, dass man auf dem oberen Deck die Sonne genießen kann. Allerdings bläst einem auch ganz schön der Wind um die Ohren. Wir müssen uns ranhalten, um 13 Uhr haben wir bereits von zu Hause aus einen Besuch im 124. Stock des Burj Khalifa gebucht, um lange Wartezeiten zu vermeiden.
Mit seinen 828 Metern ragt das derzeit höchste Gebäude der Welt weit über die anderen Wolkenkratzer hinaus. Während der Bauphase hieß der Turm noch Burj Dubai, wurde dann zur Einweihung jedoch in Burj Khalifa umbenannt. Aus Dankbarkeit gegenüber Scheich Kalif bin Zayid Al Nahyak, zugleich Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate und Emir von Abu Dhabi. Während der in 2010 aufkommenden Finanzkrise gewährte er dem Nachbaremirat Kredite in Millionenhöhe und konnte so den vermeintlichen Bankrott Dubais verhindern.
Endlich angekommen – mittlerweile ist es schon nach Ein Uhr mittags – führt uns der Weg zum „At the Top“ durch die luxuriöse Dubai Shopping Mall – die derzeit zweitgrößte Shopping Mall der Welt (die größte ist natürlich schon in Planung). Überall springen einem die Premium-Designer-Namen ins Auge und wetteifern mit ihren exklusiven Läden um die Gunst der Käufer. Geld kann man hier jedenfalls reichlich loswerden. Und weil man ständig Superlative schaffen muss – eine Mall mit integrierter Skihalle gibt es in Dubai ja bereits – hat man hier ein Riesenaquarium eingebaut, das sich über drei Stockwerke erstreckt und circa 30.000 Meeresbewohner beherbergt. Und so ziehen im Vorbeigehen Haie, Mantas und allerlei andere Fische an uns vorbei.
Der Weg zum Lift ist dann ebenfalls relativ weit und mit Wartezeit verbunden. Bestens organisiert wird immer nur eine bestimmte Anzahl an Besuchern hinauf gelassen. Die Wartezeit lässt sich aber sehr gut überbrücken, weil an den Wänden der Bau des Turms mit Videos und Fotos dokumentiert wird.
In unglaublicher Geschwindigkeit rast der schnellste Fahrstuhl der Welt in nur 60 Sekunden hinauf Richtung Aussichtsplattform. Dabei ertönen musikalische Klänge und ein faszinierendes Lichterschauspiel, das uns die Stockwerke anzeigt. Die Aussicht ist trotzt der nicht ganz klaren Luft atemberaubend und wir können Dubai in seiner gesamten Ausdehnung betrachten. Was hier auf Wüstenboden erschaffen wurde, wirkt irgendwie irreal. Richtig schwindelig wird mir beim Blick nach oben, der zwar nicht die gesamte Spitze des Turmes hergibt, aber dennoch klar macht, dass man sich erst auf etwa halber Höhe befindet.
Anschließend drehen wir noch eine Runde durch die riesige Mall, trinken einen Cappuccino und machen uns dann auf den Weg Richtung Gold Souk. Dieser war schon damals äußerst beliebt bei Flugbegleitern, ebenso wie der Al Karama Markt, für den heute aber leider keine Zeit mehr bleibt.
Es dämmert bereits, als wir mit dem BIG BUS durch die älteren Teile der Stadt fahren. Der Souk liegt auf der anderen Seite des Creeks, an dessen Ufer hunderte Dhows liegen. Die arabischen Schiffe werden auch heute noch ohne Baupläne von Hand gefertigt. Sie dienen den Arabern seit dem Mittlealter als Fischerboote oder befördern Passagiere wie Fracht über den Creek und das Meer.
Fünfmal am Tag ruft der Muezzin zum Gebet. Als er in dem Moment ertönt, wo wir die Altstadt passieren, beobachten wir fasziniert, wie sich die Menschen über die Straßen auf den Weg in eine der zahlreichen Moscheen begeben.
Gold und Brillianten in einem unfassbaren Ausmaß liegen in den Geschäften im Souk aus. Hier ist man völlig überfordert, zumal die meisten Schmuckstücke eher dem orientalischen Geschmack entsprechen. Man muss schon wissen, wo man hingehen kann, um westliches Design zu finden. Die Tipps aus meiner Layover-Info aufzuspüren, scheint bei der Masse an Läden kaum möglich. Ich war einfach zu lange nicht mehr hier.
Natürlich werden wir als westliche Touristen erkannt und von allen Seiten versuchen die Händler uns ihre Waren anzupreisen. „Handbags“ und „Watches“ – alle paar Meter will man uns in die hinteren Geschäfte locken, wo die von vielen Ausländern begehrten Plagiate darauf warten, den Besitzer zu wechseln. Durch Zufall entdecken wir in einer Seitengasse den Hinweis auf Silberschmuck. Mag ich persönlich eh lieber und er ist auch erschwinglicher als Gold. Jeder weiß, dass das Handel in der arabischen Kultur zum guten Ton gehört. Während mir das in heimischen Gefilden so gar nicht liegt, bin ich hier sehr souverän und kann das gewünschte Armband für fast 50 Prozent des gefordert Preises ergattern. Noch erfolgreicher sind wir im nächsten Shop. Etwas halbherzig lassen wir uns Pashmina-Schals zeigen. Beim Einstiegspreis von 900 Dirham wollen wir aber gar nicht handeln. Doch der junge Araber lässt selbst dann nicht locker, als wir den Laden schon verlassen haben und überlässt uns beide Exemplare für 300 Dirham. Er hätte es wohl als Beleidigung aufgefasst, wenn wir seine Ware nicht gekauft hätten.
Erschöpft und hungrig kehren wir zum Schiff zurück, geben uns noch schnell die Schlacht am Buffet und fallen dann mit Vorfreude auf den bevorstehenden Seetag in unser Bett.